Erzwungene Anrede „Herr“ oder „Frau“ ist diskriminierend: ÖBB & Klimaticket müssen nachbessern

Gleichbehandlungskommission bestätigt Recht auf selbstbestimmte Anrede

Wien | Möchte eine Person ein Klimaticket kaufen, muss sie „Herr“ oder „Frau“ als Anrede auswählen. Dagegen hat eine nicht-binäre Person bei der Gleichbehandlungskommission (GBK) Beschwerde gegen die ÖBB und One Mobility Ticketing GmbH (Klimaticket) erhoben. Auch für andere Ticketkäufe sieht die Registrierung im ÖBB-Ticketshop derzeit nur diese beiden Anredeoptionen vor. In Deutschland (DB) und Frankreich (SCNF) werden bzw. wurden bereits ähnliche Verfahren geführt. Beanstandet wurde in allen Fällen, dass es sich dabei um eine Diskriminierung aufgrund des Geschlechts handle.

Die Gleichbehandlungskommission sah es dabei als „gerade noch“ verhältnismäßig an, den beteiligten Unternehmen eine Nachfrist bis 30.11. zur Umstellung des Systems einzuräumen. Weiters sei für das Vorliegen der Diskriminierung grundsätzlich das Geschlechtsempfinden der Person ausschlaggebend, eine falsche Anrede widerspreche dem Recht auf Nicht-Diskriminierung. Die Entscheidung stärkt damit auch die Rechte jener inter*, trans und nicht-binären Personen, die ihren Geschlechtseintrag nicht ändern können oder wollen.

Hier eine Frist einzuräumen grenzt an Verhöhnung geschlechtlicher Minderheiten, weil der Bedarf der Softwareanpassung seit dem Alex Jürgen* Urteil 2018 bekannt ist und die One Mobility Ticketing GmbH (Klimaticket) auch überhaupt erst 2021 gegründet wurde. Die Entscheidung ist dennoch wegweisend für andere Unternehmen und Verfahren.

Pepper Gray, Antragsteller*in

Die Entscheidung der Gleichbehandlungskommission (GBK III/300/22, GZ: 2023-0.636.604) ist rechtlich nicht verbindlich, ein Anspruch auf Entschädigung aufgrund einer Diskriminierung kann mit einer zivilrechtlichen Klage bei Gericht geltend gemacht werden, was sich die Antragsteller*in und ihr Anwalt Stephan Vesco grundsätzlich vorbehalten. Wir erwarten jetzt jedenfalls eine zeitnahe Umsetzung einer diskriminierungsfreien Lösung.

Die Prozesskosten belaufen sich bislang auf 1.260 €. Das Prozessrisiko im Falle eines zivilrechtlichen Verfahrens entspricht den Gerichts- und Anwaltskosten der 3 beteiligten Partien zum tariflichen Satz. Ein Teil dieser Kosten hängt vom tatsächlichen (Stunden-)Aufwand ab, aber schätzungsweise sind es 2.000-3.000 €. Spenden: Venib, AT022011184424937200, Verwendungszweck: „Spende für GBK Verfahren“.

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